SUSIES erkundet Hamburg:
Die Initiative "Hässliches Erntlein" rettet krummes Gemüse
SUSIES Local Food auf Entdeckungstour in der eigenen Stadt: Mit ihrer Initiative "Hässliches Erntlein" retten Ulrike Maichel und Anna Wahdat schrumpliges Obst und unansehnliches Gemüse
Was ist eigentlich ein Apfel? Er gehört zu den Kernobstgewächsen, es gibt rund 300 Sorten. Doch kaum ein Obst hat sich in letzter Zeit so radikal verändert. Der Apfel musste größer und saftiger werden, süßer und roter oder grüner, er musste haltbarer werden und für den Transport härter im Nehmen. Und er musste sich globalem Wettbewerb aussetzen.
Dabei sind Äpfel gar nicht, wie mancher denken mag, ur-deutsche Früchte. Aus Asien kamen sie nach Europa, mit den Römern weiter in den Norden. Und auch wenn bereits im ersten Jahrhundert nach Christus in Deutschland Äpfel kultiviert wurden, blieb die Frucht lange ein Luxus-Gut, das deshalb Symbol der Herrschaft war (Reichs-Apfel) und zur Verlockung schöner Frauen taugte (Schneewittchen).
Heute haben Äpfel in Supermärkten einen ganz anderen Stellenwert. Und weil nur vollendet schöne Früchte verkauft werden können, nehmen die Großhändler den Produzenten nur solche ab, die den Beauty-Vorgaben entsprechen. Obst und Gemüse, das nicht schön ist, das nicht vermostet werden kann, wird an Tiere verfüttert oder kommt gar in den Bio-Müll.
Dieser Umstand war Anna Wahdat und Ulrike Maichel schon immer zuwider. Die beiden sehen darin eine perfide Form der Verschwendung. Und so führt die Geschichte des Apfels, die in Kasachstan ihren Ursprung genommen haben mag – jedenfalls hieß die heutige Hauptstadt Alma Ata einst Almaty "Stadt des Apfels" – ins Hamburg der Gegenwart.
Ulrikes und Annas Tipps für regionales Essen in Hamburg
Luicella's Premium Icecream – Ihre Geschichte beginnt mit einer Liebeserklärung an italienische Eiscreme, und wer Luicellas Eis probiert, wird erkennen wie groß und wahrhaft diese Liebe ist.
Zur Erholung im Glas – die selbst gemachten Suppen, Eintöpfe und Saucen von Bernd aus Uetersen sind einfach nur lecker.
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"Hässliches Erntlein" nennen Anna und Ulrike ihre Initiative, mit der sie zum ersten Mal im Oktober 2013 auf sich aufmerksam machen. Sie feiern in einer Abbruch-Villa in Altona ein "spezielles Erntedankfest" zu Ehren zwergwüchsiger Tomaten und gigantischer Zucchini, ein Fest für gebogene Gurken und Schrumpel-Paprika, eine Feier mit furchigen Kartoffeln und fleckigem Blumenkohl, eine Gala für geringgeschätzte Kohlrabi und angeschlagene Äpfel.
Es wird Fall-Obst-Kuchen gebacken und Krumme-Gemüse-Suppe gekocht, an der Bar gibt es Kaffee, Apfelsaft (von der Initiative "Das Geld hängt an den Bäumen") und Bier. Sie verkaufen Obst und Gemüse, in einem Raum im Obergeschoss läuft ein kritischer Film über US-Farmer, und im Erdgeschoss legt ein DJ auf. Das recht kurzfristig geplante Erntedankfest der besonderen Art, für das Anna und Ulrike mit rund 200 Gästen gerechnet haben, wird zu einem Überraschungs-Erfolg: Es kommen mehr als 500 Besucher. Einträchtig sitzen nebeneinander Klein-Familien und Food-Aktivisten, Hipster und Engagierte. Und irgendwie fühlen wir uns alle wie kleine Weltverbesserer.
Wir sprechen mit Anna und Ulrike. Die beiden kochen gern und essen gern, und seit mehr als einem Jahr engagieren sie sich auch für lokale Produkte. Anna hat "Treib.Gut" mitgestartet, der Markt für regionale Produkte im alten Terminal der England-Fähre war ein großer Erfolg. Dann hatte Freundin Ulrike die Idee, "was mit krummem Gemüse zu machen". Innerhalb weniger Wochen arbeiteten sich die beiden in das Thema ein. Die Resonanz der Freunde und Bekannten überraschte. Jeder hat eine Meinung zum krummen Gemüse, jeder regt sich darüber auf, dass Äpfel auf den Kompost kommen, nur weil sie nicht schön genug sind.
Wie soll es weiter gehen? Anna und Ulrike würden die Veranstaltung gern wiederholen. Sie könnten sich aber auch vorstellen, ein Café zu eröffnen, in dem es nur Fallobstkuchen gibt, oder eine Grüne Kiste mit "hässlichem Gemüse". Viele Ideen schwirren ihnen durch die Köpfe. Doch es fehlt momentan noch die Zeit, sie zu verwirklichen. Beide sind berufstätig, und die Arbeit an so einem Projekt, das hat ihr Erntedankfest der besonderen Art – das "Hässliche Erntlein" – gezeigt, ist sehr aufwändig. Ungewiss aber ist, ob man mit krummen Äpfeln und Schrumpelpaprika auch Geld verdienen kann...
Infos
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